Chaos um Berliner Mietendeckel: Seit wann greift er nun eigentlich?

Jetzt ist das Chaos in Berlin perfekt. Ein Gerichtsurteil hat die rückwirkende Einführung des Mietendeckels als nicht rechtens eingestuft – ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Mieter und Vermieter sind damit erstmal im Unklaren, was denn jetzt eigentlich gilt. Fest steht nur: Die verantwortliche Bausenatorin ist überraschend zurückgetreten. Damit ist auch die politische Zukunft der Berliner Mietenpolitik ungewiss.

Der Berliner Wohnungsmarkt liegt derzeit im langen Schatten der Politik aus dem Roten Rathaus und sieht einer ungewissen Zukunft entgegen.

Jetzt ist das Chaos in Berlin perfekt. Ein Gerichtsurteil hat die rückwirkende Einführung des Mietendeckels als nicht rechtens eingestuft – ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Mieter und Vermieter sind damit erstmal im Unklaren, was denn jetzt eigentlich gilt. Fest steht nur: Die verantwortliche Bausenatorin ist überraschend zurückgetreten. Damit ist auch die politische Zukunft der Berliner Mietenpolitik ungewiss.

Berlin. Das Berliner Landgericht hat entschieden, dass der umstrittene Mietendeckel die Mieten nicht rückwirkend zum 18. Juni 2019 deckeln darf (Urteil vom 31.07.2020, Az.: 66 S 95/20). Der Deckel könne erst ab seinem Inkrafttreten am 23. Februar wirken. So entschied es das Gericht in einem Prozess um eine streitige Mieterhöhung ab dem 01.09.2019. Der Juni-Stichtag stelle zwar einen materiell maßgeblichen Bezugspunkt für die Ermittlung der absolut (noch) zulässigen Miethöhe dar, so das Gericht. Er ändere aber nichts daran, dass das gesetzliche Verbot höherer Mieten an jenem 18. Juni 2019 noch nicht existierte.

Eine höhere monatliche Miete als die am Stichtag Vereinbarte bzw. Geltende sei insofern erst ab dem März 2020 verboten. Folge des Urteils: Jetzt weiß auf dem Berliner Wohnungsmarkt vorerst niemand mehr, woran er ist. Der Mietendeckel ist zwar in Kraft – solange, bis das Bundesverfassungsgericht ihn für verfassungswidrig erklärt. Ein entsprechendes Verfahren ist in Karlsruhe bereits anhängig. Nicht zuletzt nach dem Urteilsspruch des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs gilt unter Experten als ziemlich sicher, dass Karlsruhe den Berliner Deckel einkassieren wird.

Mietendeckel: Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht aus

Die Bayern hatten festgestellt, dass die Länder im Mietrecht gar keine Gesetzgebungsbefugnis haben. Solange der Deckel in Berlin allerdings noch in Kraft ist, stellt sich die Frage, ab welchem Stichtag die Mieten denn nun gedeckelt sind. Das Urteil des Berliner Landgerichts ist gesprochen, aber noch nicht rechtskräftig. Eine Revision wurde zwar nicht zugelassen. Eine Beschwerde dagegen vor dem Bundesgerichtshof wäre aber grundsätzlich noch möglich – binnen einem Monat nach förmlicher Zustellung des Urteils. Es kann also noch dauern, bis feststeht, ob die Entscheidung des Berliner Landgerichts auch Bestand hat.

Verantwortlich für das Chaos auf dem Berliner Wohnungsmarkt ist die rot-rot-grüne Koalitionsregierung aus SPD, Grünen und Linkspartei. Deren Bausenatorin Katrin Lompscher (DIE LINKE) hatte im Juni 2019 die Pläne für den Mietendeckel vorgestellt. Damit Vermieter zwischen der Ankündigung und dem Inkrafttreten des Gesetzes nicht die Mieten anpassen können, hatte Lompscher zu dem rückwirkenden Stichtag gegriffen. Nachdem das Landgericht am Freitag (31. Juli) diese Rückwirkung beanstandet hatte, erklärte Lompscher am Sonntagabend (2. August) plötzlich und unerwartet ihren Rücktritt.

Bausenatorin Lompscher tritt zurück: Chance für Kurskorrektur

Grund für den Abgang war allerdings nicht das Chaos um den Mietendeckel. Vielmehr reichte Lompscher ihren Rücktritt ein, weil sich herausgestellt hatte: Die Bausenatorin hat mehrere Jahre lang ihre Bezüge aus Posten in Aufsichtsräten landeseigener Betriebe nicht vorschriftsmäßig an die Landeskasse abgeführt. Es geht um rund 7.000 Euro, welche die linke Politikerin auch in ihren Steuererklärungen der Jahre 2017 und 2018 nicht angegeben hatte. Lompscher beteuerte laut Medienberichten, dabei nicht mit Vorsatz gehandelt zu haben.

Lompscher – vor der Wende Mitglied der SED – war ein besonders umstrittenes Mitglied des Berliner Kabinetts. Sie war letztes Jahr auch deswegen ins Gerede gekommen, weil sie an einer Demonstration für Enteignungen teilgenommen hatte. Ihr Abgang weckt in Berlin jetzt Hoffnungen auf eine Kurskorrektur. Über eine mögliche Nachfolge ist noch nichts öffentlich bekannt. Das bedeutet auch: Für den Berliner Mietwohnungsmarkt ist nicht nur die aktuelle Rechtslage unklar, sondern auch die politische Zukunft. Die Unsicherheit dürfte die schweren Folgen, die der Mietendeckel bereits zeigt (wir berichteten), noch weiter verschlimmern.

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

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